Torffrei gärtnern

Es ist Anzuchtzeit. Und wie jedes Jahr erfreue ich mich an frischer Erde zwischen den Fingern und kleinen sprießenden Pflänzchen auf der Fensterbank. In keiner Zeit im Jahr wird das Werden und Wachsen so augenscheinlich, wie im Frühling. Doch die Vorbereitung auf die neue Gartensaison stellt mich jedes Jahr aufs Neue vor ein Problem: wo finde ich die passende Anzuchterde?

Wer einmal darauf achtet, stellt nämlich fest, dass die meisten im Handel angebotenen Erden mit Torf versetzt sind. Torf – für dessen Abbau unsere letzten Moorlandschaften trockengelegt werden. Der Verlust dieser gefährdeten Ökosysteme hat direkte Auswirkungen auf unser Klima. Intakte Moore speichern weltweit mehr Kohlenstoff als alle Wälder zusammen, welcher durch Trockenlegung mit einem Schlag freigesetzt wird. Während in Deutschland nun langsam Renaturierungsprojekte anlaufen und die letzten Moore unter Schutz gestellt werden, beziehen hiesige Pflanzenerde-Hersteller nun Torf aus dem Baltikum. Das Geschäft mit der Natur steht weiter über Klima- und Artenschutzzielen.

Wer torffreie Erde kaufen möchte, muss aufs Kleingedruckte achten. Da solche Erdsäcke oft Nährboden für Trauermücken sind, werden diese häufig mit kennzeichnungspflichtigen Insektiziden versetzt.  Auch die „Bio“-Kennzeichnung heißt nicht gleich torffrei. Die Bezeichnung „Bio“ ist in diesem Fall nicht geschützt, sondern steigert höchstens die Erwartungshaltung an das Produkt. Häufig angepriesene Guano-versetze Erde, hat ebenfalls nichts mit Umweltschutz zu tun. Guano wird der Kot von fischessenden Seevögeln genannt, der sich meterdick an deren Brutplätzen ansammelt. In diese Anhäufung graben z. B. zahlreiche Pinguinarten ihre Bruthöhlen, um ihre Küken vor Mittagshitze und Feinden zu schützen. Mit dem Raubbau an den Guanovorkommen Südamerikas und Südafrikas begann für Seevögel, wie die Humboldt-Pinguine, die verzweifelte Suche nach Felsspalten mit kühlendem Schatten. Auch Ersatzstoffe wie Natur-Xylit stellen als Braunkohle-Vorstufe keine naturschutzgerechte Alternative zu Torf dar.

Wem die Suche nach einem Substrat „ohne alles“ zu mühselig erscheint, der kann sich Anzuchterde auch selbst herstellen.  Hierfür braucht man 1/3 Sand, 1/3 Gartenerde (es eignet sich auch die Erde von Maulwurfshügeln) und 1/3 ausgereiften Kompost. Alle Bestandteile werden fein gesiebt und miteinander gemischt. Wer auf Nummer sicher gehen will, dass die Anzuchterde frei von Pilzsporen und Wildkrautsamen ist, kann diese noch eine halbe Stunde bei 200 Grad im Ofen erhitzen und somit sterilisieren.

Die Auwaldstation wünscht eine ertragreiche neue Gartensaison.