Der Meister der Täuschung: Der faszinierende Lebenszyklus des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings

Foto: Auwaldstation Leipzig

Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous) ist ein bemerkenswerter Schmetterling, der Naturliebhaber und Wissenschaftler gleichermaßen fasziniert. Sein komplexer Lebenszyklus und seine spezifischen Anforderungen zeigen eindrucksvoll, wie eng Insekten mit ihrer Umwelt verwoben sein können. Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling ist aufgrund seiner komplexen Lebensweise besonders gefährdet und streng geschützt. Er benötigt nicht nur den Großen Wiesenknopf, sondern auch die richtige Ameisenart in ausreichender Dichte.

Der Große Wiesenknopf: Mehr als nur eine Futterpflanze

Im Zentrum des Lebens dieses Schmetterlings steht eine Pflanze: der Große Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis). Diese auch als „Blutströpfchen“ bekannte Pflanze ist für den Falter von unschätzbarem Wert. Ihre charakteristischen blutroten, eiförmigen Blütenköpfchen dienen den erwachsenen Schmetterlingen nicht nur als Nahrungsquelle, sondern werden zusätzlich als Ort für Balz, Paarung und Ruhe genutzt. Tief zwischen den einzelnen Blütenknospen versteckt, legen die Weibchen ihre Eier ab.

Täuschung und Anpassung: Der Weg zum erwachsenen Schmetterling

Nach etwa acht Tagen schlüpfen die Raupen und beginnen sofort, von den Blüten des Wiesenknopfs zu zehren. Doch nach ihrer dritten Häutung nimmt ihr Leben eine überraschende Wendung. Die Raupen verlassen nun die Pflanze und warten darauf, von der Roten Knotenameise (Myrmica rubra) „adoptiert“ zu werden. Damit das klappt haben sie einige Tricks auf Lager. Sie produzieren die Duftstoffe, die denen der Ameisenbrut ähneln und besitzen zusätzlich Honigduftdrüsen, welche für Ameisen sehr attraktiv sind. Sogar ihre Körperform haben die Raupen so angepasst, dass sie einer Ameisenlarve gleicht.

Wenn alles nach Plan läuft, werden die Raupen von den Ameisen in deren Nest getragen. Dort verbringen sie die nächsten 10 Monate und ernähren sich von der Ameisenbrut. Eine einzelne Raupe kann in dieser Zeit bis zu 600 Ameisenlarven fressen. Im darauffolgenden Juni verpuppen sich die Raupen um nach etwa 25 Tagen als fertige Falter noch im Ameisenbau zu schlüpfen.

Die frisch geschlüpften Falter besitzen jedoch keinen tarnenden Duftstoff mehr und müssen deshalb so schnell wie möglich den Ameisenbau verlassen. Als Schutz gegen die nun aggressiven Ameisen ist ihr Körper mit wolligen Schuppen bedeckt, die in den Kiefern der Angreifer zurückbleiben.

Lebensraum und Schutz: Die Herausforderungen für den Ameisenbläuling

Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling braucht ein ganz besonderes Zuhause. Er mag feuchte, offene Wiesen und ist darauf angewiesen, dass sowohl der Große Wiesenknopf, als auch die Rote Knotenameise vorkommen. Diese Bedingungen findet man oft in kleinen Fluss- oder Bachtälern, meist außerhalb der Überschwemmungsbereiche. Die Standorttreue dieser Art macht den Ameisenbläuling besonders anfällig für Veränderungen in seinem Lebensraum. Weil der Ameisenbläuling so spezielle Ansprüche hat, ist er bereits gefährdet und steht unter besonderem Schutz.

Wir können den Ameisenbläuling schützen indem wir:

1. feuchte Wiesen mit Vorkommen des Großen Wiesenknopfs erhalten

2. den Mahdrhythmus anpassen: keine Mahd zwischen dem 10. Juni und 15. September

3. extensive Bewirtschaftung fördern: Schafbeweidung oder vorsichtige Mahd

4. Trockenlegung, Düngung und Herbizideinsatz vermeiden

5. Nutzung und Brache ausbalancieren

Der Schutz des Ameisenbläulings hilft nicht nur dem Schmetterling selbst, sondern bewahrt auch wertvolle Feuchtwiesen. Er verdeutlicht die komplexen Zusammenhänge in der Natur und zeigt, wie wichtig es ist, bei Schutzmaßnahmen das gesamte Ökosystem zu berücksichtigen.